Tod eines Handlungsreisenden

    Vom Tellerwäscher zum Millionär. Der «American Dream of Life» verspricht einem jeden, unabhängig von Sozialstand und Herkunft, durch harte Arbeit einen höheren Lebensstandard erreichen zu können. Er gründet auf der Idee der Leistungsgesellschaft, bei welcher der berufliche Erfolg im Mittelpunkt steht.

    (Bild: ©Tom Philippi) Helmut Zierl in der Titelrolle

    Willy Loman wird in «Tod eines Handlungsreisenden» mit der erschreckenden Erkenntnis konfrontiert, dass eben dieser Traum zerbrechen kann. Nach Jahrzehnten zermürbenden Berufslebens wird er von seiner Firma als nicht mehr verwendungsfähig entlassen. Fast 36 Jahre war er als Handlungsreisender unterwegs. Wenn er damit auch nicht das grosse Geld verdiente, hat es doch immer gereicht für die Familie und die Hypothek des Hauses. Im Alter wird seine Anstellung mehr und mehr zur Qual. Stammkunden gehen verloren, die Autofahrten werden zur Strapaze, der Druck durch die jungen, viel schnelleren Kollegen wächst und Leistung und Erfolg stagnieren. Auch seine Söhne Biff und Happy erfüllen den Traum ihres Vaters nicht, geben sich schon mit wenig zufrieden.

    Den Schein nach aussen wahrend, flüchtet Loman aus Angst vor der Realität und einer Konfrontation seines eigenen Scheiterns in eine Traumwelt, in der sich Erinnerung und Wunschdenken immer mehr vermischen. Getrieben von der Angst, nicht nur die eigene Würde, sondern auch diejenige seiner Familie zu verlieren, sieht Loman nur einen Ausweg…

    Loman entlarvt den amerikanischen Traum als Trugbild. Trotz Fleiss, Ehrgeiz und viel harter Arbeit, erfährt er nicht den ersehnten Erfolg. Viel mehr gerät er am Ende in eine Abwärtsspirale, die ihn immer weiter nach unten zieht.

    Arthur Millers 1949 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Gesellschaftstragödie hat auch heute noch beklemmende Aktualität: In (unseren) Zeiten einer profitorientierten Gesellschaft, der steigenden Zahl von Sozialhilfebezügern und der Idee, dass Geld glücklich macht, kann sich das Schicksal des Willy Loman jederzeit bei jedermann wiederholen. Es sind Probleme, die auch in unserem Alltag immer wieder aufblitzen.

    Diese Aktualität, die Nähe zum Einzelnen und die erschreckende Erkenntnis, wie schnell man selber in dem Teufelskreis gefangen ist, bewegt nicht nur das Publikum von heute sichtlich. Arthur Miller selber berichtet von der Premiere von 1949: «Wie bei manchen späteren Vorstellungen gab es bei der ersten Aufführung nach dem Schlussvorhang keinen Applaus. Als der Vorhang fiel, standen einige auf, zogen ihre Mäntel an und setzten sich wieder, andere, besonders Männer, sassen vorgebeugt und vergruben das Gesicht in den Händen, andere weinten unverhohlen. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, ehe jemand daran dachte zu applaudieren, und dann hörte der Beifall nicht mehr auf.»

    In der grossartigen Produktion der Schauspielbühnen Stuttgart erleben wir dem Oltner Publikum bestens bekannten Fernsehstar Helmut Zierl in der Titelrolle.

    pd

     

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