Ich mag Mohrenköpfe


    Die Stimme der KMU und der Wirtschaft


    (Bild: zVg) Henrique Schneider

    Wer im Kiosk einen Mohrenkopf kauft, ist kein Rassist. Wer im Restaurant ein Zigeunerschnitzel isst, hat nichts gegen Fahrende – eher das Gegenteil ist zu vermuten, denn er isst ja wie sie. Wer eine Pizza Hawaii geniesst, macht kein Statement über de-, neo- oder postkoloniale Verhältnisse.

    Sollte man gar in Deutschland unterwegs sein, dann ist selbst schon die Bezeichnung Curry ein Problem. Denn dahinter wird eine gefährliche Verkürzung der asiatischen Küche oder schon gar strukturellen Rassismus vermutet. Mir ist zwar weder klar, was Verkürzung heisst, noch was mit strukturellem Rassismus gemeint ist. Dass aber die Currywurst verschwinden sollte, das fände ich schade.

    Man könnte wohlwollend vermuten, die Diskussion um angemessene Sprache sei der Ausdruck einer Gesellschaft, die gar keinen Spass mehr verstehen will. Doch das greift leider zu kurz. In der Realität geht es um etwas ganz anderes: Es geht um Macht und Kontrolle.

    Der Ausgangspunkt der Debatte ist die Skandalisierung. Man täuscht eine Hypersensibilität vor und stellt alles, was diese auch nur streift als Aggression dar: Die Birne Hélène wird zu einer Beleidigung aller Hélènes aufgebauscht; der Coupe Dänemark wird als faktische Kriegserklärung hochstilisiert.

    Dabei wird etwas bewusst ausser Acht gelassen. Sprache drückt sogenannte mentale Zustände aus. Das heisst: Wer etwas sagt, hat eine Vorstellung von dem, was er sagen will. Man kann Sprache nicht ohne die Vorstellung des Sprechenden bewerten. Der Sprecher, der sich einen guten Rum genehmigen will und eine Negrita bestellt, ist kein Rassist, weil er keine solche Absicht hat. Ihm das zu unterstellen, ist vermessen und einfach nur beleidigend.

    Doch gerade darum geht es den Sprachkontrolleuren. Ihnen ist es egal, was der Sprecher denkt, fühlt oder überhaupt nur will. Denn es geht ihnen eigentlich nicht um die Sprache, und schon gar nicht um den Sprechenden. Sie wollen Macht über andere Leute ausüben. Sie wollen andere zwingen, ihnen zu folgen, indem sie ihre Weltbilder aufdrücken. Die Sprachkontrolle ist nur ein Instrument dafür.

    Sprachkontrolleure verfolgen ein totalitäres Projekt. Wer sich nicht ihnen unterstellt, ist böse. Wer nicht ihre Sicht der Dinge teilt, wird als Aggressor oder eben als Rassist abgestempelt. Darauf folgt die soziale Ächtung. Genau dieser Mechanismus ist typisch für totalitäre Projekte.

    Die gute Nachricht: Gerade bei der Sprache funktionieren solche Macht- und Kontrollmechanismen nicht. Denn Sprache ist etwas, was man nicht von oben planen kann. Sprache entsteht im Konsens der Sprechenden und entwickelt sich dort weiter. Selbst wenn einige nun nicht mehr Negroni sagen, was ihr Recht ist, bleibt der Name des Getränks im Volksmund.

    Die Probe aufs Exempel: gemäss den Medien halten sich nur wenige Sprecher in der Schweiz an die «Richtlinien» der Sprachkontrolleure. Aber man sollte das nicht einfach so abtun. Denn totalitäre Projekte streben immer nach Macht. Wenn sie diese erlangt haben, unterdrücken sie.

    Wir dürfen deshalb nicht zulassen, dass die Sprachkontrolleure Oberhand gewinnen. Wir müssen sie entlarven als das, was sie sind: Macht- und kontrollgierige Totalitaristen. Und dann sind sie erst noch Spassbefreit.

    Deshalb esse ich derweil mit grossem Genuss und Gewinn einen Mohrenkopf.


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    Zur Person:
    Henrique Schneider ist Verleger der «Umwelt Zeitung». Der ausgebildete Ökonom befasst sich mit Umwelt und Energie aber auch mit Wirtschafts- und internationaler Politik.

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