Die Medienkonsumentinnen und -konsumenten für dumm verkaufen….


    Blickwinkel


    Die Berichterstattung über die schleierhafte Aktion von Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin’s Wagner Söldnern am Wochenende des 23. – 25. Juni 2023 zeigt wieder einmal auf, wie von einem Teil der Medien heutzutage Journalismus betrieben wird. Reisserisch, spekulativ, kopiert, Gerüchte verbreitend und vor allem manipulativ.

    «Wagner-naher Telegram-Kanal: ‹Bürgerkrieg hat offiziell begonnen›», «Panzer rollen durch Stadt – Hier besetzt die Wagner-Gruppe Rostow am Don», «Wagner-Chef Prigoschin stellt offizielle Gründe Russlands für Ukraine-Krieg in Frage», «Schnappt sich Prigoschin Atomwaffen?», «Diese Route nehmen die Wagner-Söldner auf dem Weg nach Moskau», «Schliessen sich russische Soldaten dem Putschversuch an?», «180 russische Soldaten sollen sich Wagner ergeben haben», «Wagner kontrolliert angeblich auch alle Militärstützpunkte in Woronesch», «Wagner in der Nähe von Moskau», «Prigoschin – Ist das der Anfang von Putins Ende?», «Putins Flugzeug auf dem Weg nach St. Petersburg?», «Putin-Befehl: Prigoschin soll getötet werden», «Von Putin selbst inszeniert», usw.

    Inhaltlich wird da teilweise Bezug auf anonyme Quellen aus dem russischen Generalstab genommen, es werden Meldungen von unbekannten Telegram-Kanälen kopiert, auch unbekannte online Portale werden zitiert, «Experten» kommen zu Wort, usw. Manchmal wird darauf hingewiesen, dass sich die Meldung nicht unabhängig verifizieren lässt oder eine offizielle Bestätigung noch ausstehe.

    Was soll das? Die wildesten Gerüchte und Spekulationen werden plötzlich als Realität dargestellt und dabei wird vergessen, dass es die Mehrheit der Medienkonsumentinnen und -konsumenten gar nicht mehr interessiert, weil das Thema Russland und Ukraine schon lange ausgereizt ist.

    Zensur und Medienkontrolle sind in Russland allgegenwärtig. Wer sich exponiert, riskiert teilweise harte Strafen. Wer das russische System kennt weiss, dass oft auch Verwandte und Freunde zur Rechenschaft gezogen werden und/oder gravierende Nachteile in Kauf nehmen müssen. Hier gelten keine westlichen Massstäbe. Der russische Staatsapparat ist wie die berühmten Matrjoskas, die aus Holz gefertigten Puppen, welche ineinander schachtelbar sind. Man hat von aussen keine Ahnung, wie viele Puppen sich im Innern befinden.

    Wer weiss also, was wirklich die Hintergründe und die Auswirkungen von Prigoschin’s Aktion sind? Wohl nur eine Handvoll Beteiligte. Vielleicht wären wir erstaunt, wir würden die Wahrheit kennen. Hier publizierte Gerüchte, Halbwahrheiten und dergleichen dienen also lediglich der Stimmungsmache. Das dürfte der wahre Grund hinter solcher Berichterstattung sein, nämlich die Medienkonsumentinnen und -konsumenten für dumm zu verkaufen.

    Giuseppe Nica,
    Verleger


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